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Vieles musste dieses Jahr aufgrund der Pandemie ausfallen. So auch die Stadtrechtsfeier der hessischen Kleinstadt Gelnhausen, einem der Orte, an denen ich aufgewachsen bin. Gelnhausen ist eine schöne Stadt.

Sie siedelt sich im Tal rund um die kleine Kinzig an und kraxelt bis an den Rand des Büdinger Forsts den Berg hinauf. Den Kern bildet eine schöne Altstadt, mit zwei Märkten, zwei hübschen Kirchen und am Rand findet man sogar (noch) zwei Kinos. Die Gelnhäuser und Gelnhäuserinnen leben gerne in ihrer Stadt und jede Person, der sie davon erzählen, bestätigt, dass sie in einer schönen Stadt wohnen. Einmal wach gekitzelt, kommt der ortseigene Stolz auf das „bucklig Nest“ so richtig zum Tragen, und dann erklärt man, dass ja auch schon andere, lange vor einem selbst, den Wert dieses Ortes geschätzt haben (oder ihn schätzenswert machten). Barbarossa beispielsweise, Grimmelshausen natürlich und — was ja die wenigsten wissen — Philipp Reis und sein Telefon, und nein, nicht Alexander Graham Bell hat’s erfunden, das denken die Leute doch nur wegen der Amis. Wobei ja auch die ihre Spuren hier hinterlassen haben: US-Außenminister Colin Powell zum Beispiel, oder Mitglieder der ersten Punk-Band der Welt, The Monks, die hier in den Kasernen (geln)hausten. Elvis war sicher auch mal hier. Und Goethe. Nun, kein Ami, aber der ist ja eh Mann von Welt und überall gewesen.

Nun glaube ich nicht, dass man hier aufwächst und sich tatsächlich Kaiser Friedrich oder den armen, verkannten Telefonmann zum Vorbild nimmt. Dennoch weiß ich durch mein Schaffen als Autor und Zeichner für Kinder- und Jugendunterhaltung, dass selbst die scheinbar unbedeutendste Nebenfigur in einer Geschichte Kindern eine Identifikation geben kann. Während sich bei meinen Lesetouren mit den drei ??? die meisten eine Signatur mit einem der Detektive wünschen, bleiben mir vor allem die Kinder, die von dieser Norm abweichen, im Gedächtnis. Und es sind oftmals Mädchen, die sich ihre Vorbilder abseits der umjubelten Heldenjungs suchen. Auf die manchmal erstaunte Frage meinerseits, warum denn jetzt gerade diese Figur, erhalte ich nicht selten die Antwort: „Die sieht halt aus wie ich!“ Deutlicher kann man, glaube ich, nicht darauf hingewiesen werden, dass es höchste Zeit ist für mehr weibliche Heldenfiguren. Als die Stadt Gelnhausen mir vorschlug, für die Stadtrechtsfeier 2020 einen Comic zu zeichnen, sagte ich als Erstes natürlich sofort: „Ja“, und dachte als Zweites: „Och, bitte nicht einen Comic über den ollen Barbarossa“…

Ich muss wohl laut gedacht haben oder Simone Grünewald hat meine Gedanken gelesen oder — nicht unwahrscheinlich — sie war ohnehin längst der Auffassung: Gelnhausen braucht eine Heldin. Und eigentlich hat es die ja längst. Da war doch diese Sage um Gela, diese Geschichte um die angebliche Namensstifterin der Stadt. Pfft. Geschichte ist gut. Gefühlt ein halber Absatz darüber, dass der notorische Kaiser B. sich in eben diese Gela verliebte, dummerweise jedoch auf seine Kreuzzüge musste (mal ehrlich, hätte er ja auch absagen können), und als er zurückkam, war Gela wahlweise mit jemand anderem glücklich (ätsch), ins Kloster gegangen (hoffentlich nicht wegen ihm) oder tot (na, wie aufbauend). Ende. Tolle Story. Eigentlich gar nicht ihre Story, sondern mal wieder die vom überall seine Marke setzenden Superkaiser.

Also beschlossen die Stadt Gelnhausen und ich: Gela muss eine Geschichte bekommen. Eine fantastische Geschichte, ein Gelnhäuser Fantasyabenteuer in einem Fantasygelnhausen. Keinen historischen Krimi, keine furiosen Schlachten mit schwertschwingenden Mannen, nein, die hat ja der Friedrich schon beigetragen. Der kommt zwar auch in unserer Geschichte vor, aber… eben nicht so.

Bei der Findung der neuen „Sage“ von Gela unterstützt hat mich mein Kollege Calle Claus, der mit mir „Die drei ???“-Comics schreibt und als Autor für „Die Teufelskicker“ auch weiß, dass sich nicht alles immer nur um die Jungs drehen muss. Für den Farbanstrich habe ich den Illustrator und ebenfalls Comiczeichner Adrian vom Baur aus Berlin um seine Hilfe gebeten und dank Simone Grünewald vom Tourismusbüro Gelnhausen bereichert alte und noch nicht erfundene Gelnhäuser Folklore unsere Geschichte. 

Jetzt ist das Buch von Gela erschienen und ihr könnt es natürlich auch kaufen und lesen: Dazu schreibt einfach eine Email an kultur@gelnhausen.de und tragt euer Anliegen darin vor. Oder noch besser: Ihr plant den nächsten Ausflug in diese schöne Stadt und erwerbt es direkt in der Kulisse, in der der Comic spielt.